Skip to content

Moderne Sklaverei in Lieferketten: Ein Leitfaden für Unternehmen

Moderne Sklaverei in Lieferketten ist ein drängendes ethisches und wirtschaftliches Problem. Schätzungsweise 27,6 Millionen Menschen sind weltweit in Zwangsarbeit gefangen. Ein Großteil dieser Ausbeutung findet tief in den Lieferketten statt, weit weg von den Blicken der Vorstandsetagen. Die Auseinandersetzung damit ist sowohl ein moralischer Imperativ als auch eine gesetzliche Anforderung für Unternehmen, die in Ländern wie Großbritannien, Australien und Kanada tätig sind.

Was ist moderne Sklaverei in Lieferketten? 

Moderne Sklaverei tritt auf, wenn Arbeiter überall in einer Lieferkette – von Minen und Farmen bis hin zu Fabriken und Lagern – unter Drohungen, Gewalt oder Täuschung zur Arbeit gezwungen werden. Sie können sich nicht weigern oder gehen, ohne Schaden zu nehmen. Die britische Regierung beschreibt moderne Sklaverei als Ausbeutung, die eine Person aufgrund von Drohungen, Zwang oder Täuschung nicht ablehnen oder verlassen kann. Innerhalb dieser weit gefassten Kategorie definiert die Internationale Arbeitsorganisation Zwangsarbeit als Arbeit, die "unter Androhung einer Strafe" erzwungen wird, die die Person nicht freiwillig angeboten hat.

Von den 27,6Millionen Menschen , die in Zwangsarbeit gefangen sind, arbeiten etwa 17,3Millionen in der Privatwirtschaft – und stellen Waren und Dienstleistungen her, die durch internationale Lieferketten fließen. Weitere 3,9Millionen werden unter staatlich verordneter Zwangsarbeit ausgebeutet. Die Komplexität der Lieferkette ermöglicht diesen Missbrauch: Mehrstufige Netzwerke erstrecken sich oft über Länder mit schlechter Arbeitsdurchsetzung, so dass Ausbeutung schwer zu erkennen ist.

Welche Branchen sind am stärksten gefährdet? 

Bestimmte Sektoren bergen höhere Risiken, da sie auf gering qualifizierte Arbeitskräfte, die Vergabe von Zulieferaufträgen und die Produktion in Regionen mit schwachem Arbeitsschutz angewiesen sind.

  • Mode und Bekleidung: Spinnereien, Bekleidungsfabriken und Baumwollfarmen sind Hotspots.  
  • Landwirtschaft: Nutzpflanzen wie Kaffee, Kakao, Palmöl und Meeresfrüchte sind oft mit Zwangsarbeit verbunden. Wander- und Saisonarbeiter sind anfällig für Lohndiebstahl und beschlagnahmte Pässe.
  • Elektronik: Smartphones und Laptops sind auf Mineralien wie Kobalt angewiesen, die unter missbräuchlichen Bedingungen abgebaut werden. Montagewerke haben übermäßige Überstunden gemeldet und Löhne einbehalten.
  • Baugewerbe: Auf den schnell wachsenden Baumärkten werden häufig Arbeitsmigranten beschäftigt, die an Schulden gebunden sind und deren Ausweispapiere beschlagnahmt werden.
  • Gastgewerbe und Dienstleistungen: Hotels, Restaurants und Reinigungsdienste verbergen manchmal häusliche Knechtschaft und andere Missbräuche gegen Arbeitskräfte.

Wenn Unternehmen wissen, wo sich die Risiken konzentrieren, können sie der Sorgfaltspflicht Priorität einräumen.

Indikatoren für Zwangsarbeit 

Die ILO listet 11 Warnzeichen für Zwangsarbeit auf. Unternehmen und Wirtschaftsprüfer sollten auf diese achten:

1. Missbrauch der Verletzlichkeit 

2. Täuschung 

3. Einschränkung der Bewegungsfreiheit 

4. Isolation 

5. Körperliche oder sexuelle Gewalt 

6. Einschüchterung und Drohungen 

7. Aufbewahrung von Ausweisdokumenten 

8. Einbehaltung von Löhnen 

9. Schuldknechtschaft 

10. Missbräuchliche Lebens- oder Arbeitsbedingungen 

11. Übermäßige Überstunden 

Um mehr über die einzelnen Warnsignale zu erfahren, lesen Sie den Sedex-Leitfaden zu den Indikatoren für Zwangsarbeit. Prüfer sollten die Arbeiter vertraulich in ihrer eigenen Sprache befragen, um versteckte Ausbeutung aufzudecken.

Gesetzliche Verpflichtungen und Einhaltung 

Mehrere Rechtsordnungen verlangen nun, dass Unternehmen über die Risiken der modernen Sklaverei berichten:

  • Vereinigtes Königreich: Gemäß Abschnitt 54 des Modern Slavery Act 2015 müssen kommerzielle Organisationen mit einem Jahresumsatz von mehr als 36Millionen Pfund eine Erklärung zur modernen Sklaverei veröffentlichen. Eine Anleitung zur Erfüllung dieser Anforderungen finden Sie im Artikel von Sedex zur Einhaltung des UK Modern Slavery Act.
  • Australien: Der Modern Slavery Act 2018 gilt für Unternehmen, die mindestens 100 Millionen AU$ verdienen, und verlangt jährliche Erklärungen zu Risiken und Reaktionen.
  • Kanada: Das Gesetz zur Bekämpfung von Zwangsarbeit und Kinderarbeit in Lieferketten (2024) verpflichtet bestimmte Unternehmen, über Arbeitsrisiken und Maßnahmen zur Risikominderung zu berichten.
  • Europäische Union: Ein Richtlinienvorschlag über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit verpflichtet große Unternehmen zur Durchführung einer Sorgfaltspflicht in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt.

Diese Gesetze verlangen mehr als die Einhaltung von Kästchen. Unternehmen müssen ihre Lieferketten abbilden, Risiken bewerten, mit Lieferanten in Kontakt treten und ehrliche Berichte über Erfolge und Herausforderungen veröffentlichen. Sedex erklärt, was eine wirksame Erklärung zur modernen Sklaverei beinhalten sollte und wie man sie erstellt.

Wie Unternehmen moderne Sklaverei verhindern können 

Eine sinnvolle Reaktion erfordert ein strukturiertes Vorgehen:

1. Bilden Sie Ihre Lieferkette ab: Verstehen Sie, woher die Materialien kommen und wer Ihre indirekten Lieferanten sind. Sichtbarkeit ist der erste Schritt zur Rechenschaftspflicht. Sedex bietet einen unkomplizierten Leitfaden zum Mapping von Lieferketten.

2. Führen Sie Risikobewertungen durch: Konzentrieren Sie sich auf Hochrisikosektoren, Regionen und Arbeitspraktiken. Nutzen Sie Daten, um Maßnahmen zu priorisieren. Entdecken Sie die Tools von Sedex zur Bewertung von Risiken in der Lieferkette.

3. Implementieren Sie die Sorgfaltspflicht: Legen Sie Richtlinien, Verträge und regelmäßige Audits fest. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Verankerung verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns finden Sie im Sedex-Überblick über die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht.

4. Engagieren Sie sich mit Lieferanten und Arbeitnehmern: Bauen Sie kooperative Beziehungen auf, bieten Sie Schulungen an und öffnen Sie vertrauliche Beschwerdekanäle.

5. Nutzen Sie Technologie- und Datenplattformen: Tools wie die Sedex-Plattform ermöglichen es Ihnen, Lieferantendaten über mehrere Ebenen hinweg zu sammeln, zu analysieren und zu teilen.

6. Zugang zu Rechtsbehelfen ermöglichen: Wenn Ausbeutung festgestellt wird, stellen Sie sicher, dass die Opfer Entschädigung, sicheren Ausgang und Unterstützung erhalten. Wenn Sie sich ohne Abhilfe zurückziehen, kann dies dazu führen, dass die Arbeitnehmer schlechter gestellt werden.

7. Transparente Berichterstattung: Veröffentlichen Sie Erklärungen zur modernen Sklaverei, die sowohl den Fortschritt als auch die verbleibenden Lücken widerspiegeln. Transparenz schafft Vertrauen und Verantwortlichkeit.

Der Business Case für Maßnahmen 

Bei der Bekämpfung moderner Sklaverei geht es nicht nur um Ethik oder Compliance; Es macht kommerziell Sinn. Marken, die in Skandale um Zwangsarbeit verwickelt sind, drohen Reputationsschäden, Importverbote und rechtliche Haftung. Anleger prüfen zunehmend die Leistung im Bereich der Menschenrechte, und jüngere Verbraucher bevorzugen ethische Marken. Lieferanten, die ihre Arbeiter fair behandeln, sind in der Regel produktiver und stabiler, was die betriebliche Resilienz verbessert. Jetzt Maßnahmen zu ergreifen schützt sowohl Menschen als auch Profite.

Schlussfolgerung 

Moderne Sklaverei in Lieferketten ist nicht mehr fern. Es betrifft Millionen, die die Produkte herstellen, auf die wir uns verlassen. Komplexität ist keine Entschuldigung für Untätigkeit. Unternehmen haben die Instrumente und die Verantwortung, um Ausbeutung zu bekämpfen: Sie kartieren ihre Lieferketten, bewerten Risiken, arbeiten mit Lieferanten und Arbeitnehmern zusammen und berichten transparent.

Mit nachhaltigem Engagement und Zusammenarbeit können Unternehmen dazu beitragen, die Ketten der Zwangsarbeit zu durchbrechen und Lieferketten aufzubauen, die die Würde und Freiheit aller Arbeiter*innen achten.

Sind Sie bereit, dies in die Tat umzusetzen?

Häufig gestellte Fragen